Definitionen ordnen. Sie können helfen, Situationen richtig einzuordnen und sicherzustellen, dass mein Gegenüber und ich das Gleiche meinen. Hat man es allerdings mit Lebewesen – sprich Individuen – zu tun, sollte man immer Vorsicht walten lassen. Eine Definition darf nicht zum Ruhekissen werden, auf dem du dich ausruhst. Wie sehr klammerst du dich an Definitionen und willst alles in ein Schema pressen?
Ich kenne viele Menschen, die Definitionen rauf und runter aufsagen können und damit beeindrucken, ohne wirklich Experte zu sein. Kennst du solche Menschen auch? Schaust du zu ihnen auf? Eiferst du ihnen eventuell sogar nach? Natürlich kann auch ich ausbildungsbedingt alle möglichen Definitionen aufsagen. Aber darauf darf es sich nicht reduzieren!
Für ein harmonisches und glückliches Zusammenleben helfen Definitionen nicht. Im Gegenteil, sie begrenzen.
Nur fleißig "Vokabeln" aufsagen zu können, sagt NICHTS darüber aus, wie gut dieser Mensch sich im Alltag bewegt und wie gut er Situationen und Hunde und Menschen einschätzen kann. Es sagt nichts darüber aus, wieviel dieser Mensch zu einem harmonischen Miteinander beiträgt!
Leben ist individuell!
Ein Schema mag dir bei der ersten Einschätzung einer Situation helfen. Dies aber auch nur dann, wenn du auch bereit bist, im Bruchteil einer Sekunde diese Begrenzung zu verlassen, den definierten Eindruck zu revidieren und wahrzunehmen, was wirklich ist.
Was es dazu braucht?
- Es braucht deine Bereitschaft, alte Ansichten aufzugeben.
- Es braucht, dass du dich nicht an Definitionen klammerst, sondern deiner Wahrnehmung vertraust.
- Es braucht, dass du das große Ganze siehst und nicht nur einzelne Bereich isoliert voneinander wie ein Flickenteppich, ein Stückwerk.
- Es braucht Selbstbewusstsein, dazu zu stehen, was du wahrnimmst, auch wenn es für andere nicht greifbar ist.
Deshalb: Schau immer hinter das Verhalten deines Hundes, sei nicht gefangen und begrenzt durch Definitionen. Wenn du bereit dazu bist, dann wird alles so viel leichter, freudvoller und harmonischer mit deinem Hund.
Du siehst hier ein Foto von einem meiner Kangal-Mixe, das ich in meiner Facebook-Gruppe "DOG-InForm Ich halte Dich!" gepostet hatte.
Als Kommentar kam:
"Sieht für mich sehr nach einem Submissive Grin aus. Dies wäre dann ja beschwichtigen. Oder irre ich?" (Anmerkung: Unterwürfigkeits-Grinsen)
Meine Antwort:
"Ja, du irrst, es ist einfach die Schwerkraft. Null beschwichtigen. Es auch kein "Lächeln", die Lefzen fallen bei ihm nach hinten und legen die Zähne frei, wenn er so liegt."

Du siehst, wie sehr hier die Definition "submissive grin" – mit den dafür typischen Merkmalen: Mundwinkel spitz, hintere Backenzähne zu sehen, sich klein machen, auf dem Rücken liegen, Bauch zeigen – zu einer völlig falschen und auch fatalen Fehleinschätzung führen kann. Der Fokus lag hier nur auf der gefundenen Definition, womit eine riesige Barriere hochgezogen wurde. Der Kontext, der restliche Körper des Hundes, die Interaktion mit dem Menschen und so weiter – das alles wurde nicht mehr wahrgenommen.
Wo ein definiertes Problem ist, gibt es auch eine definierte Lösung?
Nein.
Wie oft willst du nur den Bereich sehen, der dir dank Definitionen ein vermeintlich sicheres Gefühl gibt? Denn wo eine Definition ist, ein definiertes Problem, gibt es ja auch eine definierte Lösung? Nein, du kannst das Leben nicht in Definitionen hineinpressen, genauso wenig wie der Umgang mit dir und Deinem Hund rein technisch anhand von Definitionen aussehen sollte. Du und dein Hund, ihr seid mehr als technisch zu verstehende und zu nutzende Wesen! Ihr seid Leben! Anstatt den Fokus nur auf einen definierten Ausschnitt zu legen, sieh das Ganze – oder vielmehr nimm das Ganze wahr!